Hengstkastration

Ich bin auf das Thema gekommen weil Valja jetzt im Herbst kastriert werden soll und wollte das ganze erst als unter Thema bei Valja mit in den Text hauen, aber ich war mal wieder so ausschweifend, dass es einfach zu lang geworden ist. Das erste Thema ist natürlich:

Muss man überhaupt kastrieren?

Hengste sind muskulöser und anmutiger, außerdem verändert man durch die Kastration das Wesen des Pferdes.

Vor allem die Wesensveränderung hat mich beschäftigt, als ich damals entscheiden musste ob und wann unser Janosch kastriert wird. Nun muss ich inzwischen zugeben, dass mich die Wesensveränderung gar nicht mehr interessiert, oder besser es eines der Gründe ist, warum ich unsere Jungs mit spätestens zwei Jahren legen lasse. Janosch war mit einem Jahr hengstig, mit zwei Jahren eine riesen Nervensäge. Er ist durch Zäune gegangen, war aggressiv und hat auch nicht rossige Stuten belästigt. Das führte bei den Stuten zu Abwehr verhalten und bei Janosch letztendlich zu einem fetten Abszess am Kiefer.

Ich weiß nicht, ob man sich vorstellen kann, wie nervig ein Hengst ist, wenn man selber noch keinen hatte. Natürlich gibt es immer ausnahmen. Gerade Ponyhengste, die im Deckeinsatz sind und mit ihrer Stutenherde zusammen leben können, sind häufig total gechillt. Janosch sollte mit seinen zwei Jahren aber niemanden decken. Er hat sich immer total aufgeregt und war gestresst wenn andere Pferde besonders Stuten in seiner Nähe waren. Den Sommer hat er dann meist mit Banjo zusammen auf irgendwelchen Weiden, weg von anderen Pferden verbracht und war dann auch ne coole Socke. Und so war er auch nach der Kastration. Er hatte sich nicht massiv verändert, sondern sich weiter so verhalten, wie er sich verhalten hat, wenn er ohne Mädels auf Hengstweide war. Verspielt, lustig und mit deutlich weniger stress, wenn andere Pferde in seiner nähe sind. Sein ganzes Wesen ist nach der Kastration (so weit ich das beurteilen kann) also das selbe geblieben. Er ist ne Nervensäge, wenn die Stuten rossen immer noch interessiert und er neigt dazu durch Zäune zu gehen und auch noch leicht zu aggressiven Verhalten anderen Pferden gegenüber. Aber er ist zu 200 % umgänglicher und sein Leben einfach stressfreier. Zudem ist die artgerechte Haltung von Pferden einfach leichter als Wallach. Ein älterer Hengst kann meist nur einzeln oder mit lieben Wallachen gehalten werden, oder kommt im schlimmsten Fall gar nicht raus. Und welcher Pensionsstall hat schon Lust auf Hengsthaltung und nicht jeder Hengst, kann eine eigene Stutenherde haben. Das wäre nämlich artgerecht und nicht die Tiere einzeln zu halten!

In welchem Alter lässt man sein Pferd legen?

Ganz früh oder lieber erst wenn die Pferde voll ausgewachsen sind? Es gibt einen Testosteron bedingten Muskelaufbau. Das heißt ein Pferd das länger Hengst bleibt, hat mehr Muskel Masse, als ein Pferd das früh kastriert wird. Aber wenn das Testosteron weg ist, verschwinden auch nach und nach diese Testosteron bedingten Muskeln. Und Energie die ein Jungpferd sonst vielleicht anders verbraucht hätte ist so eigentlich ziemlich unnötig verschwendet. Außerdem kann man sehr schön an Imani sehen, dass er einfach von Natur aus einen Hengsthals hat und Valja eben nicht. Imani hatte den als Fohlen, Jährlingshengst und den hat er jetzt, zwei Jährig, als kastrierter Wallach.

Valja müsste ich also länger als Hengst laufen lassen, damit er runder und muskulöser wird. Aber nach der Kastration wird er vermutlich wieder ein sportlich schlankes Pferd sein. Er ist nicht der gleiche Typ wie Imani. Außerdem steigt die Rate der Komplikationen bei einer Kastration mit wachsendem alter. Trotzdem würde ich nie ein Fohlen kastrieren lassen. Also das Pferd muss mindestens ein Jahr sein.

Bei uns: Wenn das Pferd nicht zur Körung soll, werden sie mit 1 1/2 spätestens mit 2 Jahren gelegt.

Welche Möglichkeiten gibt es?

Das war das nächste was mich beschäftigt hat, nach dem unser Kleiner mich so sehr genervt hatte, dass ich wusste, ich will das unbedingt. Grundsätzlich kann man im stehen oder im liegen kastrieren und es gibt die bedeckt oder unbedeckte Kastration.

Unbedeckt

Janosch und Banjo sind beide bei uns auf dem Hof und tatsächlich trotz ihrer Größe im stehen kastriert worden. Die beiden waren mit zwei Jahren etwa einen Meter hoch davon halt nur ein halben Meter Bauchabstand zum Boden… Aber die Tierärztin war ne junge Frau und meinte das geht schon.

So wirds gemach:

Das Pony wird sediert, so dass es schläfrig wird, sich aber nicht ablegt und dann der Bereich um die Hoden herum betäubt. Die Hoden werden aufgeschnitten und fallen heraus. Dann wird mit einer speziellen Zange der Samenstrang und die Blutgefäße über einen längeren Zeitraum abgequetscht, damit es nicht zu Blutungen kommt. Anschließend werden die Hoden entfernt. Die Wunde bleibt im Anschluss offen, also unbedeckt so das die Wundflüßigkeit einfach abfließen kann und Bakterien oder Keime einfach rausgespült werden. Das ganze soll dann von innen nach außen abheilt. Anfangs kommt es dadurch gerne zu Schwellungen die man einfach mit kaltem Wasser kühlen kann. Das Pony darf anschließend auf der Weide bleiben, bzw. es ist sogar besser für die Schwellung und die Sauberkeit der Wunde, wenn es auf der Weide bleibt und sich viel bewegt.

Feldnarkose

Valja soll jetzt im Herbst kastriert werden und das mit einer Feldnarkose, im liegen. Also man sucht sich eine schöne ebene Fläche, wo das Pferd in Narkose gelegt wird und die Kastration über schläft. Der Rest ist bei ihm dann hoffentlich so wie bei Janosch und Banjo. – Wir haben uns umentschieden und Valja wurde doch im stehen kastriert wie Janosch und Banjo.

Risiken

Risiko ist, das der Bauchraum geöffnet ist und es so zu starken Blutungen kommen kann, falls ein Blutgefäß nicht richtig abgequetscht wurde oder es kann sogar zu einem sogenannten Darmvorfall kommen, was tatsächlich häufig tödlich endet. Hierbei kann die Bauchdecke aufbrechen und im schlimmsten Fall der Darm des Pferdes heraus kommen. Das ist aber sehr selten. Trotzdem werden Hengste nur in jungen Jahren unbedeckt kastriert, weil das Risiko für eine solche Komplikation mit zunehmendem Alter steigt. Bakterielle Infektionen sind selten, da die Wunde offen bleibt und Keime ausgespült werden.

Banjo und Janosch hatten beide dicke Schwellungen und haben über mehrere Tage Schmerzmittel bekommen. Außerdem musste ich die Wunden kühlen. Das hatte die Tierärztin mir damals bei Janosch aber nicht gesagt und ich hatte erst angst, Wasser an die offene Bauchwunde zu spritzen… Nachher spült man irgendwas in die Wunde… aber nach dem es so stark angeschwollen war, habe ich noch mal den Tierarzt angerufen und diese sagte mir dann, das ich einfach mit kaltem Wasser die Schwellung kühlen könnte.

Auch bei Valja war alles mächtig geschwollen und eine Eihaut, die Anfangs nicht zu sehen war hing hinterher noch raus. Diese musste nachträglich noch entfernt werden. Ich habe mich am Abend mächtig erschrocken, als da auf einmal was raus hing. Aber es ging ihm gut, er hatte kein Fieber, keine Kolik artigen Symptome. Trotzdem musste der Tierarzt natürlich noch mal drauf schauen und es letztendlich auch entfernen. Problem war auch, das wir extra bis Mitte September gewartet hatten, damit es kühler ist und weniger Fliegen umher schwirren. Mitte September waren aber plötzlich 30 Grad und tausende von Fliegen waren hoch interessiert. Es hat sich also alles richtig schön entzündet. Mit Schmerzmittel und Entzündungshemmer ging es dann aber schnell besser.

Bedeckt

Imani ist in der Klinik kastriert worden, weil er ein Klopphengst war, also der rechte Hoden befand sich im Bauchraum und nicht im Hodensack.

Eine solche OP kann der Haustierarzt nicht vor Ort vornehmen, da der Bauchraum weiter geöffnet werden muss. Es lohnt sich aber in jeden Fall die umliegenden Kliniken um einen Kostenvoranschlag zu bitten! Die erste Klinik die ich angerufen hatte, wahr mit 2500 € aufwärts und dann je nach dem wie hoch der Hoden sitzt, gleich die teuerste. Wir haben März 2023 (also schon mit der neuen GTO) 1300 € für Imani bezahlt.

Klopphengst

Der Hoden kann bei einem Klopphengst in der Leiste sitzen, oder tatsächlich komplett im Bauraum verblieben sein. Bei Imani war er auch sehr weit oben und egal wie lange ich gewartet und gehofft hätte, dass er noch auftaucht, wäre da nichts mehr gekommen. Trotzdem muss der Hoden in jeden Fall entfernt werden, da sie zum einen nicht für die höheren Temperaturen im Bauchraum geschaffen sind und es zum anderen auch häufig einen Grund hat, das der Hoden nicht absteigt. Er könnte zu klein oder verkümmert sein. Generell kann es bei Klopphengsten auch immer zu Veränderungen des Hodens kommen.

Also was wird gemacht?

Bedeckte Kastration werden im liegen in Vollnarkose unter sterilen Bedingungen in der Klinik durchgeführt.

Hier gibt es verschiedene Methoden wie man vorgeht und ich durfte bei Imani natürlich nicht dabei bleiben und zu sehen. Der Arzt in der Klinik erklärte mir aber, dass der runtergekommene Hoden abgebunden und entfernt wird, während man bei dem im bauchraum verbliebenden Hoden sich langsam vortastet bis man ihn hat. Hier können auch Ultraschalluntersuchungen bei der Suche helfen, welche aber häufig unzuverlässig sind. Der behandelnde Atzt von Imani hat sich während der OP auf die Suche gemacht und ist fündig geworden. Der wichtigste Unterschied ist, dass man die Blutgefäße und samenstrenge wohl abbindet und anschließend alle Wunden vernäht werden.

Für Imani hieß das 10 Tage nur Stall und 3 Wochen nicht toben, da die Wundnähte unter keinen Umständen aufreißen dürfen. Also das komplette Gegenteil zu Banjo und Janosch, die am besten rund um die Uhr auf Weide bleiben sollten, damit durch die Bewegung alles schön nach unten abfließt.

Risiken

Die Risiken hierbei sind zum einen die Vollnarkose und die Aufwachphase in der sich das Pferd verletzten kann, sowie eine Bakterielle Infektion der geschlossenen Wunde. Keime und Bakterien können in der geschlossenen Wunde unbemerkt wüten und häufig hilft nur ein zweiter operativer Eingriff, oder ein öffnen und offen lassen der Wunde bis zur Abheilung. Es ist ungemein wichtig, das die Klinik hier absolut sauber arbeitet und keine Verunreinigungen in die Wunde kommen. Ansonsten ist es im großen und ganzen ein Standarteingriff. Dadurch das es vernäht wird kommt ein Darmvorfall eigentlich nicht vor.

Die Kliniken sind angehalten kein Antibiotikum zu verschreiben, weil sie halt so wenig Antibiotika wie möglich in „potentielles Essen“ pumpen sollen. ABER Anita sagt: Bei OP wunden immer Antibiotika! Dazu gehören auch tiefe Schnitte die vom TA genäht werden. Außerdem werden unsere Ponys eh nicht gegessen.

Imani hat nach der Op Fieber bekommen und musste dann auch eine Woche Antibiotikum nehmen. Natürlich hatte er ebenfalls Schmerzmittel mit Entzündungshemmer, genau wie die Ponys.

Ich könnte das ganze jetzt noch mit schönen Bildern ausstaffieren, habe mich aber dagegen entschieden.

Weitere Infos:

Vor Janoschs Kastration habe ich damals diesen Artikel gelesen um mich zu informieren. Ich finde den sehr verständlich geschrieben.

Kastration: Auf den richtigen Zeitpunkt kommt es an (pferderevue.at)

Schafe

So ganz interessant vielleicht noch mal die Kastration von Schafen. Bei Schafen ist die unblutige Kastration Standard. Als wir unsere kleinen Böcke damals wieder bekommen haben und alles scheinbar noch da war, waren wir erst mal hoch verwirrt und haben das ganze gegoogelt. Dabei sind wir auf einige Schweinerein gestoßen. Der Gedanke das ein Schaf oder Schwein oder eine Ziege nicht so fühlt wie ein Mensch, scheint sich aber bis heute gehalten zu haben. Immerhin darf die Kastration bei Lämmern unter 4 Wochen noch immer ohne Narkose vom Schäfer durchgeführt werden… nur der Gummiring wurde verboten. Sowas macht mich wirklich fassungslos. Auch als unsere Lämmer uns mitgegeben wurden und ich um Schmerzmittel gebeten habe, wurde mir gesagt, sie haben keine Schmerzen. Ich habe es so geglaubt, doch als die Hoden am nächsten Tag angeschwollen waren und die Lämmer breitbeinig liefen, haben wir Schmerzmittel besorgt und siehe da, die Lämmer konnten wieder normal laufen. Ich könnte mich jetzt darüber aufregen, aber es ist ein guter Tierarzt, der eigentlich sehr auf das Tierwohl bedacht ist. Ich kann also nur hoffen, dass er das wirklich glaubt. So jetzt aber:

Wie wird es gemacht?

Die Schafe müssen! in Narkose gelegt werden wenn sie über 4 Wochen alt sind. Auch das war früher nicht so… und dann wird der Hoden durch den Hodensack, mit einer Zange abgeklemmt, ohne den Hodensack zu öffnen: Unblutig. Diese Form der Kastration wird bei Schafen gewählt, weil diese als Wiederkäuer sehr viel mehr liegen als Pferde. So kann die offene Wunde leicht verunreinigt werden und Bakterien und Keime in die Wunden und in den Bauchraum gelangen. Desto jünger das Schaf ist und desto kleiner der Hoden, desto erträglicher ist die ganze Prozedur. Nur mal so neben bei… der Samenstrang wird durch die Haut, durch den Hodensack abgeklemmt. Haben sich die Tierärzte und Schäfer noch nie was eingeklemmt? Und mal ganz ehrlich MÄNNER- Da unten was einklemmen? Wie kommt man auf die Idee, das könnte nicht wehtun???

Wie bereits gesagt sind die Hoden der Lämmer angeschwollen und sie brauchten eine Woche Buscopan. Danach ist alles abgeschwollen und die Hoden merklich kleiner geworden.

Mir steht das mit den neuen Lämmern schon Bevor. Vor allem, weil sie weniger zahm sind und auch nicht aus der Hand fressen. Keine Ahnung wie wir denen morgens und abends Schmerzmittel spritzen sollen. Letztendlich haben wir gewartet, bis sie Leckerlies aus der Hand genommen haben. Sie waren aber auch noch keine sechs Monate bei der Kastration. Witzig das man Fohlen unter 6 Monaten gar nicht kastriert, Schafe aber so früh wie möglich kastriert werden sollten.

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